Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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BLANKENBURG-REGENSTEIN

C. Blankenburg und Regenstein

I.

1301 Datum Derneborch sub tilia in cimiterio; 1304 Actum Heymborg;1305 Datum Blankeborch; 1307 Datum Reghensten; 1320 Datum Blankenburgc; 1322 Datum Heymborg; vor 1349 castrum blankenburch cum ciuitate et attinensiis;1352 Datum Blankenborch; 1354 Datum et actum in castro Blankenborch; 1369 up dem huse to Blanckenborch vor dem edelen heren greven Bussen herren to Reghensten […] ghededinghet; 1412 Gegeuen to Blankenborch; 1458 auf dem Hause Blankenburgk; 1596 auf dem Gräflichen Hauße Blanckenburgk.

B. und R. sind Höhenburgen. Die B. liegt 305 m NN, südlich oberhalb der Stadt B., »auf dem blanken Stein«, einem Kalksteinmassiv, der Burgplatz des R. ca. 3 km nördlich der B. auf einem dem Harz vorgelagerten, 294 m hohen Sandsteinrücken.

Die Burg B. wurde 1123 erstmals gen. als castrum Blankenburch. Hzg. Lothar von Süpplingenburg hatte die B. als milit. Stützpunkt und für Gerichtstage genutzt. Bei einem Rechtsakt Hzg. Lothars mit Bf. Otto von Halberstadt 1123/25 auf der B. waren die Ministerialen Bernhard und Friedrich, benannt nach dieser Burg, Zeugen des Hzg.s., 1129 in einer Urk. Kg. Lothars III. gemeinsam mit Bernhard und Friedrich »Esic de Blanchenburch«. Kg. Lothar hielt Gf. Hermann II. von Winzenburg 1131 auf der B. in Haft. Noch in der ersten Hälfte des 12. Jh.s aber wurde die B. für die Familie des Gf.en Poppo namengebend; 1133 wird Poppo comes de Blankenburch gen. Poppos jüngerem Sohn, Siegfried I. (gest. 1172) fiel die B. zu; der erstgeb. Sohn, Konrad I. nannte sich 1169 nach der neu erbauten, seit 1167 erwähnten Burg R.

B. und R. lagen im Schnittpunkt zweier in etwa rechtwinklig aufeinanderstoßender Linien, von → Wernigerode bis Quedlinburg am Harzrand reichend bzw. Halberstadt mit Hasselfelde im hohen Harz verbindend. Der gfl. Besitz zu beiden Seiten dieser gedachten Linien war zu Beginn des 13. Jh.s bes. dicht, so daß sich für beide Burgen eine gewisse Mittelpunktlage ergab – im Harz nach W Elbingerode einschließend, nach O über die Luppbode und in den anhaltin. Harz reichend; im Vorharz nach W mit Reddeber und um Derenburg an der Holtemme, nach N bis nahe Halberstadt, nach O auf Thale und den Bodeausgang zu und mit den Orten Warnstedt, Weddersleben und Westerhausen.

Zu den herrschaftl. Zentren der Gft.en gehörte die Heimburg, im Harzvorland auf einem Hügel am westlichen Rand des gleichnamigen Ortes gelegen, etwa 5 km nordwestlich der B. – im 11. Jh. von Ks. Heinrich IV. errichtet, zwischen 1263 und 1267 von dem welfischen Ministerialengeschlecht der Edelherren von Heimburg an die gfl. Brüder Ulrich II. und Albrecht I. von R. gelangend. Die Gf.en von R. führten ab 1267 den Zusatz dicti de Hemburg. Nach dem Tod des kinderlosen Gf.en Ulrich II. (1297/99) war dessen Neffe, Gf. Ulrich III. (gest. 1322/23), alleiniger Erbe der Heimburg, auf der Gf. Ulrich III. von R. am 25. Sept. 1304 (actum Heymborg) urkundete und nach der er ab 1306 zur Unterscheidung von seinem Vetter, Gf. Heinrich von R., als comes de Hainborch bezeichnet wurde.

Anfang des 14. Jh.s beherrschten die dicht beieinander liegenden Burgen R., Heimburg und B. das Gebiet von der Höhe des Harzes bis zur Bode im O, der Oker im W, bis zum großen Bruch im N. Gf. Heinrich V. bzw. dessen einziger Sohn gleichen Namens (1349 Domherr, 1363 Propst von St. Paul zu Halberstadt) trat die Gft. R. 1343 an seine Vettern, die Gf.en Albrecht II. und Bernhard I., ab. Dem Lehnbuch der Hzg.e Magnus und Ernst von Braunschweig zufolge wurden die Heimburger Gf.en Albrecht II. und Bernhard I. vor 1349 zudem mit Burg und Stadt B. (castrum blankenburch cum ciuitate et attinenciis) belehnt. Die Heimburg war Stammburg und Herrschaftsmittelpunkt.

Im 15. Jh. waren die Gf.en von R./Heimburg wiederholt genötigt, die Heimburg, zu verpfänden – an den thüring. Gf.en von → Gleichen, an eigene Vasallen, an den Gf.en von → Wunstorf. Der welf. Hzg. Wilhelm übertrug dem Gf.en Ulrich VIII. 1487 Burg und Stadt B. mit zwölf umliegenden Dörfern und Waldungen im Harz, mit Wasserläufen wie auch die Heimburg mit vier Dörfern als gesonderte Lehnsobjekte. Ulrich VIII., Gf. von R. und Herr von B., später die Nachk. seines Bruders Bernhard V. (gest. 1458) wählten die B. als Herrschaftsmittelpunkt. Der R. wurde der Verödung preisgegeben. (Graf Ulrich hielte Hoff auf dem Hauße Blanckenburgk, darüber das Haus Reinstein wüste blieben.) 1599 starb das B.-R.er Gf.engeschlecht aus.

Wurden die Burgen B., R. und Heimburg vom 12. bis zum 16. Jh zu namenführenden Hauptsitzen des Gf.engeschlechts., so diente die ebenfalls im hügeligen Harzvorland, 7 km von der Burg R. entfernt gelegene Burg Derenburg vermutl. v.a. als Nebenres. und Leibgedinge bzw. Witwensitz. Kg. Heinrich I. hatte 925 an der Holtemme die Darneburg gegr., die seitdem als Reichsburg Bestand hatte, bevor sie 1126 zerstört wurde. Der viell. schon 937, sicherer 998 gen. Ort Derenburg wurde mit dem Königshof 1009 dem Kl. Gandersheim geschenkt und von diesem Ende des 12. Jh.s an die Gf.en von R. verlehnt, die hier eine 1206 bezeugte Burg erbauten.

1301 urkundete Ulrich III. gemeinsam mit dem R.er Gf.en Heinrich III.: Datum Derneborch sub tilia in cimiterio. Die Gemahlin Gf. Albrechts I., Sophie zur → Lippe, führte seit 1282 den Titel domina Sophia dicta comitissa de Derneburch. Überliefert ist: etzliche Graffen und Herrn von Wunstorff haben ihre supultur in diesem Closter gehabt, dan anno 1368 ist Graff Ludolff von W. daselbst begraben, item frow Anna geborne zu Regenstein greffin und fraw zu W., ist anno 1416 daselbst begraben. Anna war vermutl. eine Tochter Gf. Ulrichs VI. 1449 belehnte Äbt. Elisabeth von Gandersheim Elisabeth, geb. Gf.in von → Mansfeld, Gemahlin Gf. Bernhards V., zum Leibgedinge mit Schloß und Stadt Derenburg.

Auf der Burg amtierte ein Vogt. Die Vogtei Derenburg umfaßte die Dörfer östlich der Stadt B., zur Burg Derenburg gehörte ein Wirtschaftshof der Gf.en von R. (vorwerk). Die älteste Rechnung über Einnahmen und Ausgaben eines Derenburger Vogtes stammt von Hans Kneitling von 1432. Kneitling, der vermulich aus der Familie der Ritter von Kneitlingen stammte, die R.er Besitz in Dedeleben zu Lehen trugen, war Pfandnehmer der Heimburg und wurde im Teilungsvertrag von 1442 als Berater der Gf.en gen.

In jenem Vertrag von 1442 vereinbarten die regierenden Gf.en, die Brüder Ulrich VIII. und Bernhard V., eine Aufteilung ihrer Herrschaft in zwei Nutzungseinheiten, die Vogtei B. und die Vogtei Derenburg; Ulrich sollte B. erhalten, Bernhard Derenburg. Am 4. April 1451 belehnte die Äbt. von Gandersheim den Kfs.en Friedrich von Brandenburg mit der Afterlehnsherrlichkeit über die Herrschaft Derenburg; dieser bekannte sich als Lehnsträger der Herrschaft Derenburg und belehnte noch am selben Tage Gf. Bernhard V. von R. mit herschafft, Stat vnd Slosz czu derneborg mit allen czugehorungen. Die Teilung wurde mit dem Tod Gf. Bernhards V. 1458 hinfällig. Ulrich war nun der einzige regierende Gf.; dessen Belehnung (was er der hat von der herschafft, vber die herschafft deremborch mit Irer zugehorung) 1474 angesprochen wurde. 1482 wiesen der Ebf. von Magdeburg mit dem Bf. von Halberstadt die Mgf.en von Brandenburg auf ihre Ansprüche an die Lehnshoheit über Burg und Stadt Derenburg hin. Davon unbeiirt, belehnte die Äbt. Agnes zu Gandersheim im Sept. 1488 den Kfs.en von Brandenburg, Johann, mit der Gft. Derenburg und den R.er Lehen (mit Stat und Slote Derenborch mit allen und igliken oren tobehorigen), in bezug auf Statt vnde Slott derneborch, mit aller vnnde jglicker oren tobehoringen, bestätigt im Mai 1510 zugunsten des Kfs.en Joachim von Brandenburg. Im Besitz der Gf.en von R. aber war die Derenburg nicht zu halten. Im Herbst 1535 veräußerten sie Schloß, Stadt und Amt Derenburg mit den Dörfern Danstedt und Reddeber an die Gf.en von → Stolberg-Wernigerode für 45.850 Gulden wiederkäuflich.

II.

Die Ausbildung eines Res.ortes ist bei der B. und die einer Stadt auch bei der Derenburg erfolgt, nicht jedoch bei den Burgen R. und Heimburg. Etwa 1 km südlich des R.s liegt lediglich eine Wüstung Nienrode, die vermutlich in funktionalem Zusammenhang mit der Burg R. gestanden und zur wirtschaftlichen Versorgung gedient hat. Die erste schriftliche Erwähnung eines bei der Heimburg gelegenen Dorfes, in dem ein Hardewicus plebanus erwähnt wird, geht auf das Jahr 1256 zurück.

Die Stadt B. liegt im nördlichen Harzvorland, 288 m ü. NN, westlich von Quedlinburg, südlich von Halberstadt, östlich von → Wernigerode, nördlich an den Burgberg angelehnt.

Nach der Absetzung Hzg. Heinrichs des Löwen war die Burg B. durch Bf. Dietrich von Halberstadt belagert worden, bevor sie im Sommer 1181 eingenommen werden konnte. Die früheste Siedlung wird dabei möglicherw. in Mitleidenschaft gezogen worden sein, bevor sie planmäßig, mit rundlichem Umriß, die Straßen im Leitersystem quer zum Hang geführt, mit einer zum Markt ansteigenden Hauptstraße angelegt wurde; über dem Marktplatz, am Hang des Burgberges, das Rathaus, etwas höher die Pfarrkirche St. Bartholomäus, das Ganze umgeben von einer 1305 erstmals erwähnten, 1550 m langen Stadtmauer, unterhalb des 12 m höher befindlichen Bergfrieds zur Burgstraße hin ein Tor.

Die ursprgl. Anlage der am Nordhang des B.er Burgberges gelegenen Bartholomäus-Kirche, eine vollständig gewölbte, dreischiffige romanische Basilika mit einfacher Abwechslung von Pfeilern und Säulen, weist in die zweite Hälfte des 12. Jh.s zurück und damit möglicherw. auf eine bauliche Identität mit dem von Gf. Siegfried I. von B. in seiner Stadt B. beabsichtigten Zisterzienser-Kl. Als B.er Pfarrkirche urkundlich erstmals 1203 bezeugt, wurde die Bartholomäus-Kirche später für ein 1250 genanntes, nach den Regeln der Benediktiner sich richtendes Zisterzienserkl. in Anspruch genommen, weshalb die St. Katharina-Kirche die Funktion der Pfarrkirche übernahm. 1269 schenkte Gf. Siegfried I. der Äbt. und dem Konvent ordinis S. Benedicti monsterii S. Bartholomaei in B. vier Hufen in Badersleben.

Das Bartholomäus-Kl. in B. hatte zunächst aus einem Mönchs- und einem Nonnenkonvent bestanden. Mit Zustimmung des Halberstädter Bf.s wurde der Mönchskonvent 1305 aufgehoben. In einer Urk. vom 19. Okt. 1305 gestattete der Bf., um den Propst und die Nonnen zu entlasten, die Abtrennung der Schloßkapelle zu B. und die Wahl eines ihm zu präsentierenden und von ihm zu bestätigenden bes. Kaplans.

Das 1208 bei Michaelstein gestiftete, von Gf. Siegfried I. von B. reich dotierte und vom Halberstädter Bf. 1211 bestätigte Hospital wurde 1308 auf die Nordseite der Stadt verlegt und möglicherw. als zur Katharinenkirche gehörig betrachtet. 1307 übertrug Gf. Heinrich II. von B. der Kapelle, die in B. an der Mauer gelegen und allen Heiligen geweiht war, den Hof seiner Großmutter, auf dem die Kapelle stand und der von der Mauer bis zum Cattenstedter Tor reichte.

Unter der Stadtherrschaft des Gf.en Poppo (II.) von B. wird 1334 eine Münze erwähnt. 1386 soll die Stadt erneut verwüstet worden sein. Für 1389 ist ein Rat nachweisbar. 1425 kam es zu einem Stadtbrand. Der erste Nachweis für die Erbauung des Rathauses stammt von 1433.

Derenburg entwickelte sich nach B. zum zweitwichtigsten städtischen Zentrum im Herrschaftsbereich der Gf.en. Auf dem Boden der 1126 zerstörten Reichsburg, westlich der im 12. Jh. auf einer leichten Anhöhe neu errichteten, 1206 als castrum erwähnten Burg wuchs der Ort Derenburg im 13. Jh. zu einer 1289 als oppidum genannten Stadt heran.

Die Burg lag etwa 300 m östlich der 1287 genannten, eine Länge von 1400 m betragenden Stadtmauer, die durch drei Tore und eine Pforte zur Burg hin durchbrochen war. Im Febr. 1340 belehnte die Äbt. Jutta von Gandersheim die Gf.en Albrecht II. und Bernhard I. von R. mit der civitas Derenburg und deren Pertinenzien, wie sie bislang der patruus der Gf.en, Heinrich von R., innegehabt hatte. 1360 wurde Gf. Bernhard I. allein mit Stadt und Schloß Derenburg belehnt. 1449 belehnte die Äbt. Elisabeth von Gandersheim Elisabeth, geb. Gf.in von → Mansfeld, Gemahlin Gf. Bernhards V., mit Schloß und Stadt Derenburg zu ihrem Leibgedinge.

Der Grdr. des ummauerten Teils ist ein unregelmäßiges Sechseck mit abgerundeten Ekken. Die Ausdehnung betrug von N nach S etwa 550 m, von W nach O etwa 330 m. Die Hauptstraße verläuft von N nach S und wird von einer Querstraße nach W durchzogen. An der Spitze östlich der Hauptstraße liegen Marktplatz und Rathaus, nördlich davon die Stadtkirche St. Marien, neben dem 1282 genannten. Hospital die 1311 bezeugte Hospitalkapelle St. Katharinen. Eine Kalandsbruderschaft wurde 1298 gegr., die Kalandskapelle zwischen 1295 und 1306 erbaut, 1484 und 1534 ausgebessert. Die ehemalige Burgmannenkirche (St. Dionysius) stand nördlich der Stadt; 1304 kamen die Burgmannen zur Pfarre der Stadtkirche. Im selben Jahr (1304) wurden ein procurator civium und fünf Ratmannen erwähnt, die die Aufsicht über die Älterleute der Kirche führten. War seitens der Gf.en 1301 Datum Derneborch sub tilia in cimiterio geurkundet worden, so fand 1373 unterhalb der Kirche ein Gerichtstag statt. Ein Rathaus wird 1425 erwähnt; 1461 amtierten Borgemeister und Radman.

B. war 1531 mit 206 Haushalten die größte Stadt in der Gft.; 183 waffenfähige Haushaltungsvorstände wurden 1599 in Derenburg gezählt.

In den 20er/30er Jahren des 16. Jh.s waren die Gf.en hoch verschuldet. 1525 sollen aufständische Bauern die Öffnung der Stadttore von B. gefordert haben.

Einer der Gläubiger der Gf.en war der jüdische Hoffaktor Michel, der nach seinem Heimatort den Beinamen »von Derenburg« führte. Michel hatte in Derenburg ererbten Besitz. Um 1525 hatte er sich den Gf.en erstmals als Finanzberater angeboten und erhielt vom Gf.en Jobst entspr. Vollmachten Zwischen 1530 und 1534 lieh Michel mehr als 160 000 Gulden; 24 000 Gulden steuerte Michel selbst bei. Gf. Ulrich. X. forderte ihn zur Rechnungslegung auf und sah sich 1534 zu einer Streitschrift veranlaßt, die Michel Urk.nfälschung, Bürgschaftsmißbrauch und Wucherbetrug anlastete. Der Gf. weigerte sich, ihm die 24 000 Gulden zurückzuerstatten und nahm in Derenburg Michels Frau und Gesinde gefangen, ließ sich Urfehde schwören und beschlagnahmte alle Fahrhabe. Michel verklagte den Gf.en beim Reichskammergericht. Erst nach 13 Jahren erfuhr Michel Genugtuung; er starb 1549.

Gf. Ulrich. X. verließ sein Territorium 1535 für sechs Jahre und übertrug die Leitung der Regierungsgeschäfte Hans von Lunderstedt. In den Jahren 1543 und 1544, dann wieder 1552, 1554 und 1555 nahm Hans von Lunderstedt, Amtmann zu B., auch als Gesandter R.s am Kreistag des Niedersächsischen Kreises teil. Seine Familie besaß einen Adelshof in B.

Dem B.er Rathaus wurde 1546 ein fünfseitiger Treppenturm an der rechten Seite der Hauptfront angefügt, worin sich ein Sitznischenportal mit spätgot. Stabwerk zum ersten Obergeschoß befindet. Der B.er Rat hatte nach 1540 innerhalb von zehn Jahren für Gf. Ulrich. X. Bürgschaften in Höhe von mehr als 30 000 Gulden übernommen. Um diese Zeit nahm der Gf. die in B. bis dahin vermutlich ruhende Münzprägung wieder auf. So sind Silbermünzen (Taler) ab 1546, Goldmünzen (Gulden) 1559 herausgekommen. Die B.er Münzen hatten wg. Unterwertigkeit einen schlechten Ruf, der sich ab 1564 noch verstärkte. Der Niedersächsische Reichskreis legte 1570/71 sechs Münzstätten fest; B. befand sich nicht darunter. Die Münzprägung lebte hier erst 1596 bis 1599 noch einmal auf und wurde nach 1600 eingestellt. 1596 hatte Gf. Martin den Münzmeister Christoph Dyß aus Hildesheim in seinen Dienst genommen, der die B.er Münzstätte des Gf.en pachtete. Groschen von 1596 und 1597 sind häufig und kommen in zahlr. Stempeln vor. Wardeine hatten auf Probationstagen eine Übersicht über die geprägten Sorten zu geben; für B. Hans Meier und Hans Ludwig. Im Mai 1597 berichteten die General-Kreiswardeine Christof Biener und Steffen Brüning zum Münzprobationstag zu Braunschweig über die B.er Münze.

1565 hatte Gf. Ernst I. in der »Großen Stube« des B.er Rathauses seine Regierungskanzlei einrichten lassen und zugesagt, das Rathaus um ein Geschoß zu erhöhen; Rathausfenster und zwei Portale in Renaissanceformen auf der Marktseite rühren von einer 1577 erfolgten Restaurierung her. Das zweite Obergeschoß (mit Renaissanceportal im Treppenturm) wurde erst unter seinem Sohn, Gf. Martin, 1583/84 und auf Kosten der Stadt aufgesetzt.

1548 hatte Gf. Ulrich. X. dem B.er St. Katharinenhof drei Hufen Land, von denen zwei der B.er Bürgermeister Andreas Kurzhennig (1524 erwähnt) vom Kl. zu Lehen hatte, überlassen. Aus der Bartholomäus-Kl.kirche war nach der Reformation (1532) wieder eine Pfarrkirche geworden. Von 1581 bis 1586 erfolgte ihre Restaurierung. Eine Baurechnung von 1582 enthält Angaben, daß Botho, Gf. und Herr zu R. und B., so viel Holz zur Verfügung stellte, wie man benötigte. (Unnd die Bohrkirchen Im Chore, haben I. g. Vor sich bawenn Unnd die Ahnenn Dahrann mahlenn laßenn.) Caspar Reinn, R.er Rentmeister, und Andreas Gaym, Sekretär, ließen die neue Steintür mit ihren darüber eingehauenen Wappen, Johann Andreas, R.er Amtsschreiber, die neue Tür davor anfertigen und mit seinem Wappen bemalen. Claus Bremer, R.er Oberförster, sorgte für die neue Decke auf dem Taufstein, samt einem Strick daran. Im Inneren der Bartholomäus-Kirche befinden sich (von 1410: Ulricus […] comes in Reinstein bis 1597 Marten, Graff zu Reinstein und Blankenburg) zahlr. Grabsteine und Epitaphien des R.-B.er Gf.enhauses, die Mehrzahl aus dem 16. Jh. Die 1539 auf dem Haus Stiege, ihrem Leibgedinge, verst. Wwe. Gf Ulrichs IX., Anna, Tochter Johanns von → Hohnstein-Vierraden, fand dort in der Pfarrkirche ihr Begräbnis, ein Grabstein aber befindet sich ebenfalls in der Bartholomäus-Kirche in B., dessen obere Hälfte in Linienrelief den Oberkörper einer Frau zeigt, die in der rechten Hand einen Schild mit der B.er Hirschstange, in der linken den zwölffach geschachten Honsteinischen Schild hält. Gf. Botho starb im Okt. 1594 zu Stiege, sein Leichnam wurde am 6. Nov. 1594 in der Herren Capellen der B.er Pfarrkirche zur Erde bestattet, ebenso nach ihm seine zweite Gemahlin, Anna von → Schönburg-Glauchau, die 1595 verstarb.

Das Wappen der Stadt B. zeigt in Schwarz einen silbernen, auf einem gemauerten Sockel stehenden Turm mit in der Mitte ummauerter halbrunder, roter Toröffnung, oben von fünf Zinnen bekränzt; rechts begleitet von einem Schild in Silber mit nach links gewandter, vierendiger roter Hirschstange, links begleitet von einem silbernen Topfhelm mit zwei aufgesetzten, nach außen gewandten roten vierendigen Hirschstangen als Helmzier. Die älteste Darstellung dieses Wappenbildes entstammt einem Siegel des Gf.en Siegfried von B. aus dem Jahre 1266. Als S. CIVITATIS BLANKENBOR ist es erst seit dem 14. Jh. nachweisbar. Schild und Helm sind die Zeichen der Gf.en von B. und R.

Das Wappen der Stadt Derenburg zeigt in Silber eine rote Burg mit einem bezinnten Torturm und zwei spitzgedeckten Seitentürmen; auf den Zinnen des Mittelturmes steht ein goldener Helm, der an jeder Seite eine rote Hirschstange trägt. Das älteste, aus dem 13. Jh. stammende Siegel, nachweisbar 1394, zeigt das gleiche Bild; die späteren weisen eine dreitürmige Mauer, rechts und links vom Mittelturm je einen Helm mit Hirschgeweih aus.

III.

1182 waren Burg und Stadt B. durch ksl. Truppen Friedrich Barbarossas erobert und zur Plünderung freigegeben worden. Um die Wende vom 12. zum 13. Jh. wurde die B. wieder errichtet und erfuhr dabei eine großzügige Erweiterung. 1384 überfiel Gf. Dietrich von → Wernigerode die B. Eine nochmalige starke Zerstörung fand 1386 statt.

Der Burgplatz der B. liegt 305 m NN, südlich oberhalb der Stadt B. auf einem Felskegel, der von dem Hintergelände durch einen tiefen Halsgraben getrennt ist. In bezug auf die bauliche Substanz der B. wird ausgegangen von einem quadratischen Bergfried im westlichen Nebenhof der Burg, zwei Wohnbauten, einer Kapelle und drei Toranlagen sowie einer etwas tiefer gelegenen Vorburg mit Ringmauer und Mauertürmen. Die Burgstraße führte von der Stadt aus auf der Südseite zum Tor 1, das 12 m tiefer als der über ihm stehende Bergfried liegt. Hinter der Toranlage lag ein Zwinger mit Schießscharten in der Außenmauer und einem Mauerturm, von dem man über eine Brücke die höher liegende Kernburg erreichen konnte, ohne die anderen Tore passieren zu müssen. Der Weg führte innerhalb des Nordzwingers zum Tor 2 und durch die Unterburg zum Tor 3 mit Torturm; vor diesem lag ein Graben mit Zugbrücke. Die Oberburg war durch einen Felsen von der Unterburg getrennt. Lücken im Fels waren durch Sperrmauern geschlossen. Ein steiler Treppenweg führte zur Oberburg. Einer der beiden Wohnbauten war ein Wohnturm, Kemenate gen., der andere ein Palas.

Im 15. Jh. wurde auf eine niewe Dörntze, einen größeren Raum, der vermutlich als Speise- und Aufenthaltsraum des Gefolges genutzt wurde, verwiesen. Die Rechnung des B.er Vogtes Hans Heydenrik aus den Jahren 1436/37 enthält Einträge über Ausgaben für den Fenstermacher, der Ausbesserungsarbeiten am Fenster der Frauendornse, am Keller und in der Hofdornse der B. durchgeführt hatte, sowie Angaben über die Instandsetzung der Orgel in der Burgkapelle.

1487 übertrug der welfische Hzg. Wilhelm dem R.er Gf.en Ulrich VIII. Burg und Stadt B. mit zwölf umliegenden Dörfern, Waldungen und Wasserläufen wie auch die Heimburg mit vier Dörfern als gesonderte Lehnsobjekte. Ulrich VIII., Gf. von R. und Herr von B., später die Nachkommen seines Bruders Bernhard V. wählten die B. als Herrschaftsmittelpunkt. Der R. wurde der Verödung preisgegeben (Graf Ulrich hielte Hoff auf dem Hauße Blanckenburgk, darüber das Haus Reinstein wüste blieben).

Um 1500 sah sich Gf. Ulrich IX. trotz großer Schulden gezwungen, den Ostflügel der B. niederzubrechen und einen schlossähnlichen Neubau errichten zu lassen. Die Erneuerung ging mit einer Verschiebung des Hauptteils nach O vor sich. Unter seinen Söhnen sollen u. a. zum Zwecke alchimistischer Unternehmungen zur Herstellung von Gold weitere Teile des Schlosses umgebaut worden sein. Noch vor Bezug des Neubaus brach am 19. Nov. 1546 nachts ein Brand aus, der große Teile der alten Burg zerstörte, wobei die Gemahlin Gf. Ulrichs X., die Gf.in Magdalena von → Stolberg, den Tod fand.

Auf eine Kapelle wird verwiesen im Zusammenhang mit dem Ableben Gf. Bernhards V. ([…] starb anno 1458 auf dem Hause Blankenburg, der Schildt henget noch in der Kapellen daselbst, mit der Inschrift Anno 1458 feria VI post assumptionem Domini obiit Berhardus de Reinstein Comes et miles). Auch soll Gf. Ulrich. X. (gest. 1551) zum Gedächtnis an seine beim Brand des B.er Schlosses am 19. Nov. 1546 ums Leben gekommene Gemahlin Magdalena von → Stolberg, im Nov. 1547 eine solche Tafel haben malen und in der Kapelle des Schlosses anbringen lassen.

Quellen

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