Im Mittelalter gab es über lange Zeit hinweg nur eine einzige zentrale Institution inmitten der politischen und kulturellen Vielfalt Europas: das Papsttum. Der Papst leitete Bischöfe und andere Kleriker an, er benannte Richter, gewährte Privilegien und bestätigte Besitzungen, er entschied in Streitfällen und korrespondierte mit weltlichen Herrschern. Und zwar tat er dies mittels Urkunden und Briefen, die er den Betreffenden zukommen ließ. Diese Schreiben trugen wesentlich dazu bei, dem Papsttum zunehmend eine Vorrangstellung zu sichern. Im 12. Jahrhundert nahm ihre Zahl drastisch zu, ein Zeichen für die wachsende Macht und Zentralisierung der Kirche. Die Papsturkunden beeinflussten die Schriftentwicklung und die Kanzleigebräuche zahlreicher europäischer Regionen. Ihre Erforschung ist daher nicht nur eines der reizvollsten, sondern auch eines der bedeutsamsten Arbeitsfelder der Mediävistik und der europäischen Geschichte.

Das Projekt „Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters“ umfasst Schriftstücke bis zum Jahre 1198. Das Unternehmen konzentrierte sich bisher auf die Beziehungen zwischen Papst und Christenheit in dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches und angrenzenden Regionen (Italien, Deutschland, Frankreich). Etwa 30.000 Dokumente sind überliefert.

Durch die Mittel der Bund-Länder-Kommission ist nun eine Neuausrichtung der Papsturkundenforschung möglich. Seit 2007 geht es darum, den päpstlichen Einfluss auch in den „Randzonen“ des Ostens und Westens aufzuarbeiten. In diesen Peripherien werden noch zahlreiche Neufunde erwartet, die auch neue Antworten auf die Frage versprechen, wie die Päpste ihren universellen Ansprüchen gegenüber dem politischen Partikularismus Geltung verschafften.