Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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BADEN-BADEN C.7.

I.

balneas [...] in pago Auciacensi (712), Balnei (856), Badon (987), Baden (1046), Markgrafen Baden (1356), Nydern Baden (1390), Baden-Baden (seit 1931) - Stadt - Mgft. Baden(-Baden); Mgf.en von Baden(-Baden) - Altes Schloß (Hohenbaden; stadtfern), Hauptres. bis ins späte 15. Jh.; Neues Schloß (unmittelbar oberhalb der Stadt) Hauptres. seit dem späten 15. Jh. - D, Baden-Württemberg,Reg.bez. Karlsruhe, Stadtkr. B.

II.

Die Altstadt von B. liegt an einem von zwei Seitenbächen begrenzten Bergsporn rechts der Oos (156-212 m ü. d. M.) und umschließt die für den Namen und das Gedeihen der Stadt bestimmenden Thermalquellen; links der Oos entstand in der zweiten Hälfte des 15. Jh.s ein Stechplan und Rennplatz (1583 erweitert). Die Verkehrswege im Tal der Oos waren stets nur von lokaler Bedeutung; wichtig hingegen die in etwa 4-5 km Entfernung vorüberziehende Bergstraße (heute B3). Die Gemarkung ist bergig und großenteils bewaldet, Landwirtschaft hat wenig Raum.

Die röm. Besiedlung des Tals von B. (u. a. Militär) begann nach 70 nach Chr. und dauerte bis in die Mitte des 3. Jh.s (2. Jh. Civitas Aquensis, 197 Respublica Aquensis, 217 Aquae); die Existenz eines Kastells ist zweifelhaft. Ob die 712 dem Kl. → Weißenburg (Elsaß) geschenkten heißen Quellen eine Siedlungskontinuität von der Antike ins frühe MA bewirkt haben, bleibt mangels entspr. Funde ungewiß. 1046 gelangte das zum Ufgau (Gft. Forchheim) gehörige predium Baden (cummercatis et theloniis) durch kgl. Schenkung an die Bischofskirche von → Speyer, um 1100 im Gefolge des Investiturstreits an die Mgf.en von Baden, die seit 1112 unter diesem Namen (Badůn) bezeugt sind; der Bf. von → Speyer wurde vermutl. erst im 13. Jh. vollends aus der Mitherrschaft verdrängt.

Die Stadtwerdung B.s ist um die Mitte des 13. Jh.s anzunehmen, 1288 wird es als stat bezeichnet. Stadtherren waren die Mgf.en, die der Entfaltung kommunaler Kompetenzen wenig Raum ließen (1334 Schultheiß und Gericht; 1377 Stadtsiegel; 1498 Bürgermeister und Rat; 1507 mgfl. Freiheitsbrief und Stadtordnung). Die (Unter-)Stadt wurde offenbar erst um 1360 mit Mauer und Türmen befestigt; zw. ihr und dem Neuen Schloß liegt die Oberstadt (Vorburg), Ministerialen und Niederadel waren sowohl dort wie in der unteren Stadt ansässig. Von alters her profitierte B. in bes. Maße vonseinen zehn am Schloßberg entspringenden Thermalquellen, die namentl. im 15. Jh. eine große Zahl von Kurgästen aus nah und fern anzogen, darunter Kg. → Sigismund (1418) und Ks. → Friedrich III. (1473, 85) sowie viele Fs.en und Gf.en; der Badebetrieb ernährte zahlr. Gastwirte (Badhäuser), Handwerker und Händler und begünstigte im 15./16. Jh. im Verein mit dem mgfl. Hof die Ansiedlung von Gewerben des gehobenen Bedarfs (Kürschner, Maler, Schreiber, Goldschmiede, Buchdrucker, Bildschnitzer, Apotheker). Eine große Rolle spielte daneben die Nutzung der ausgedehntenherrschaftl. und kommunalen Waldungen rund um die Stadt. Ein Markt ist bereits um die Mitte des 11. Jh.s bezeugt; in SpätMA und Frühneuzeit bestanden zwei Wochen- und zwei Jahrmärkte. Eine Münzstätte bestand im 16. und frühen 17. Jh.

B. lag an der Südgrenze (Oosbach) der Diöz. → Speyer, im Archidiakonat des Propstes von St. German. Bei der offenbar vom Kl. → Weißenburg gegründeten Pfarrkirche St. Peter (und Paul) wurde 1453 in Erfüllung des Testaments Mgf. Jakobs I. (1431-53) ein bereits seit 1412/13 geplantes Kollegiatstift mit Propst, Dekan und zehn weiteren Kanonikaten gegr.; es diente bis zum Aussterben der Mgf.en von B.-B. (1771) als fsl. Grablege; davor fanden die Angehörigen des Regentenhauses ihre letzte Ruhe im nahen Zisterzienserinnenkl. Lichtenthal (um 1245). Seit Mitte des 15. Jh.sbestand auf dem südwestl. der Stadt gelegenen Fremersberg eine Niederlassung von Franziskaner-Oberservanten. Die Reformation wurde bis 1536 begünstigt, ab 1555 vorübergehend geduldet und während der Oberbadischen Okkupation (1594-1622) obrigkeitl. eingeführt, durch wiederholte bayr. Vormundschaften aber immer wieder unterdrückt und schließl. verdrängt. 1622/29 siedelte Mgf. Wilhelm (1622-77) Jesuiten (seit 1642 Kolleg), 1624 auch Kapuziner (im NW vor der Stadt) an.

Residenzfunktionen erlangte B. erst seit der Mitte des 13. Jh.s infolge der Neuorientierung der Mgf.en auf den mittleren Oberrhein; erst in der zweiten Hälfte des 14. Jh.s war es eindeutig Hauptres. (Altes Schloß). Hundert Jahre später drohte B. diesen Charakter an → Pforzheim zu verlieren, konnte sich aber nach der mgfl. Niederlage bei Seckenheim (1462) in seiner hergebrachten Rolle behaupten (ausdrückl. 1479; seither Neues Schloß); Mgf. Christoph (1475-1527) bezeichnet B. 1507 als die forderst und furnemst unter den Städten der Mgft., als Ortunsers gewonlichen hofhaltens. Seit der Landesteilung von 1533/35 war es die Res. der älteren mgfl. Linie (Baden-Baden) und hat diese Funktion erst infolge der Zerstörung von 1689 an Rastatt verloren.

III.

Das um 1100 entstandene und 1122 erstmals bezeugte Alte Schloß, noch als Ruine sehr imposant, liegt auf ca. 410-440 m ü. d. M. am Westhang des Battert hoch über der Stadt (ca. ½ Stunde auf steilem Fußweg). Sein ältester Teil (Hermannsbau) ist die durch einen künstl. Halsgraben sowie durch Turm und Schildmauer gegen den Berg gesicherte Oberburg (12. Jh.). Eine zweite, nochmals die Oberburg betreffende Bauphase fällt in die Regierungszeiten Mgf. Rudolfs I. (1243-88) und seiner unmittelbaren Nachfolger. Ihren Ausbau zur repräsentativenResidenzburg mit neuem, vielstöckigem Palas (Bernhardsbau; ausgedehnte Keller, große Kamine und Fenster), größerer Schloßkapelle, neuem Torbau und erweitertem Zwinger gegen W (Stallungen, Werkstätten etc.) sowie einer Reihe weiterer Gebäude und Fortifikationen erfuhr die Anlage unter Mgf. Bernhard I. (1372-1431), und schließl. hat sein Nachfolger zw. dem Bernhardsbau und der Oberburg den sog. Jakobsbau (mehrstöckiges Wohngebäude) mit Kapellenturm errichten lassen. Die alte (roman.) Burgkapelle (St. Ulrich) mit eigener Kaplanei findet 1373 erstmals Erwähnung; 1391 (St. Katharina u. a., 1488auch St. Marien) und 1401/02 (St. Jakob u. a., 1537 auch Hl. Drei Könige) wurden zwei weitere Kaplaneipfründen hinzugestiftet. Nach Verlegung der Res. ins Neue Schloß diente Hohenbaden als Witwensitz (Mgf.in Katharina von Österreich, 1475ff.); seit 1518 hat der kranke Mgf. Christoph seinen Lebensabend hier verbracht. Um 1584 wird letztmals ein Burgvogt gen., aber bereits 1597 ist nach einem Brand vom burgstadel des alt abgeenden schlosses ober der stadt die Rede.

Das Neue Schloß (212 m ü. d. M.) liegt unmittelbar über der Stadt und war im Verbund mit ihr ummauert. Hinsichtl. älterer Nutzungen der beherrschenden, für den Schloßbau terrassierten Kuppe (an der Südseite Reste von megalith. Stützmauern aus vorroman. Zeit) besteht Unklarheit. Urkundl. zu fassen ist das Schloß seit 1388/99; zunächst diente es als Witwensitz, seit dem späteren 15. Jh. (erklärtermaßen seit 1479) als mgfl. Hauptres. Von der Anlage des ausgehenden 14. Jh.s sind im Souterrain des Hauptgebäudes Reste eines Palas mit rundem Eckturm (gegen SO) erhalten, vom Ausbau in der zweitenHälfte des 15. Jh.s die beiden unteren Geschosse des sog. Archiv- oder Kanzleiturms (ausgebaut um 1524) an der Nordseite des Schloßhofs, die westl. anschließenden Zwingerbauten (Marstall etc.), das Torhaus im W (vermutl. Hans Spryß von Zaberfeld) sowie die Fundamente des sog. Kavalierbaus inmitten des geräumigen Schloßhofs (ursprgl. dreigeschossiger Palas). 1514 wurde eine Kapelle zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit, der Muttergottes u. a. Heiliger geweiht. 1573/75 errichtete Kaspar Weinhart aus → München an der Ostseite des Hofs das langgestreckte, im wesentl. noch heutevorhandene Wohngebäude, einen schlichten Putzbau mit polygonalem Treppenturm; aus der gleichen Zeit, in der die davor etwa dreieckige Gesamtanlage ihre heutige, annähernd rechteckige Gestalt gewonnen hat, dat. auch die Wagenremise, die den Hof gegen S begrenzt. Wie die Stadt wurde das Schloß 1689 zerstört; die heutige Substanz geht zu einem nicht geringen Teil auf den späteren Wiederaufbau zurück.

In der Unterstadt, auf dem Areal des herrschaftl. Freihofs (17./18. Jh. Jesuitenkolleg, heute Rathausgrundstück) gegenüber der Pfarr- bzw. Stiftskirche lagen die alte Kanzlei (mit Registratur bzw. Archiv, 1472) sowie die Rüst- oder Waffenkammer und das Münzhaus (1537); die neue Kanzlei, am oberen Ende der Unterstadt (Schloßstraße, unmittelbar innerhalb des Obertors), entstand um die Mitte des 16. Jh.s unter Verwendung älterer Kellergewölbe (14. Jh.?). Die Stiftspropstei lag auf halber Höhe der Schloßstraße, die Stiftsherrenhäuser befanden sich unmittelbar südl. der Kirche.

Quellen

GLA Karlsruhe. - Regesten der Markgrafen von Baden, 1-4, 1900-15.

Andermann 1996. - Die Kunstdenkmäler der Stadt Baden-Baden, bearb. von Emil Lacroix, Peter Hirschfeld, Heinrich Niester und Otto Linde, Karlsruhe 1942 (Die Kunstdenkmäler Badens, 11,1). - Stadt Baden-Baden, bearb. von Wolf Deiseroth, Stuttgart 1993 (Ortskernatlas Baden-Württemberg, 2,2). - Der Stadtkreis Baden-Baden, hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit der StadtBaden-Baden, Sigmaringen 1995 (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg).