Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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BLANKENBURG C.1.

I.

Zw. 1208-34: Blankenberg; 1227(?)/65/67: Blan(c)kinberg; 1229(?): Blankenberch; 1272: Blanckenbergk; 1280: Blankenberc; 1361: B.; seit 1911: Bad B. Der erste Beleg für B. von 1137 ist gefälscht (Böhm 1953, S. 9-13). Der Name (ahd./mhd. blanc, glänzend, weiß, hell) bezieht sich auf den Muschelkalkfelsen, auf dem die Burg B.errichtet wurde, und korrespondiert mit der 9 km südwestl. liegenden Schwarzburg. Der Name Greifenstein für die Burg ist seit 1650 bezeugt. - 1280: castrum; 1323: castrum B. cum opido; 1330: castrum et civitas; 1361: burger zcu B.; 1378: ratismeistere zcu B. - Das wahrscheinl. zum Reichsgutbezirk Saalfeld gehörende Gebiet um B. fiel 1212 als Lehen (seit 1208 Pfandbesitz) an die Gf.en von Schwarzburg-Käfernburg, die die Höhenburg B. möglicherw. unter Nutzung älterer Wehranlagenerrichteten. Die um 1234 erstmals nach B. benannte, bis 1571 bestehende schwarzburg. Nebenlinie baute seit der Mitte des 13. Jh.s die Burg zur Res. und die am Südhang des Burgberges entstehende Siedlung B. planmäßig zur Stadt aus. - Hauptresidenzfunktionen hatte B. unter dem eigentl. Begründer der Schwarzburg-Blankenburger Linie Heinrich V. (1274-87) sowie dessen im Kondominium regierenden Söhnen Heinrich VII. († 1324) und Günther XV. († 1352), die sich durchgehend als Herren von B. bezeichnen. Unter dem vermutl. in B. geborenen Sohn Heinrichs VII., der als Kg. Günther XXI. von Schwarzburg derbedeutendste Vertreter der Linie war, setzte die Verlagerung des Residenzschwerpunktes nach Arnstadt ein, das seit den 30er Jahren an zweiter Stelle in der Titulatur Günthers XXI. erscheint. Nach dem Tod Günthers († 1349) konnte seine Wwe. B. nur kurzfristig als Sitz halten; infolge des frühen Todes seines Sohnes Heinrich († 1357) fiel B. an seine Neffen Heinrich XII. und Günther XXV. und deren Nachfolger, die sich auf Arnstadt, Sondershausen und später dann auch → Rudolstadt als Residenzorte konzentrierten. Die seit der Mitte des 14. Jh. u. a. mehrfach als Witwensitz genutzte BurgB. sank zur Nebenres. herab. Den Bedeutungsverlust B.s markiert das Verschwinden der Zubenennung nach B. aus den Titeln der Gf.en seit dem Ende des 14. Jh.s, die Verlegung des Amtes B. nach → Rudolstadt (1560) und die seit dem 16. Jh. verfallende Burganlage. - D, Thüringen, Kr. Saalfeld-Rudolstadt.

II.

Die Burg B. liegt auf einem langgestreckten, nach drei Seiten steilabfallenden Bergplateau (400 m ü. d. M.) am linken Ufer der 1 km östl. in die Schwarza fallenden Rinne. Zw. Burgberg und Fluß erstreckt sich auf einer Fläche von 500 × 200 m der Stadtkern B.s. - Die wirtschaftl. Grundlagen der sich seit dem ersten Drittel des 13. Jh.s entwickelnden Siedlung B. beruhten auf Weinbau und Flößerei (1267), Waldvorkommen, Kupfer-, Silber- und Eisenfunden (Bergbau erstmals 1323 erwähnt). Die Schwefelheilquellen sind seit 1514/15 bezeugt. - Der1267 erstmals durch Conradus de B., ecclesi[ae] pleban[us], erwähnte Pfarrort B. gehörte zur Sedes Remda des Archidiakonates B.M.V. Erfurt der → Mainzer Erzdiöz. Der Patronat lag bei der Herrschaft B., was für die Schwarzburger Gf.en der B.er Linie als Gründer der Pfarrkirche spricht. B., das vor 1323 von den Gf.en von Schwarzburg-B. zur Stadt erhoben wurde (das erste bekannte Stadtsiegel von 1362 führt den schwarzburg. Löwen), war Münz,- Zoll- und Gerichtsort (1323); die Burg später Amtssitz. Bis auf die Übertragung der niederenGerichtsbarkeit und die Ablösung der Zoll- und Geschoßrechte gegen eine jährl. Jahresrente, konnte sich B., für das seit Ende des 14. Jh.s die Rats- und seit 1506 eine Gemeindeverfassung belegt ist, jedoch nicht aus der stadtherrl. Abhängigkeit lösen. Die 1456 von den Stadtherren bestätigten (1470/88 erneut bekräftigten und 1594 erneuerten) Statuten beruhten auf dem Saalfeld-Rudolstädter Stadtrecht. Trotz wirtschaftl. Potenzen und Residenzfunktionen im 13./14. Jh. vermochte B. kaum zentralörtl. Funktionen zu entfalten, weil es zurückgesetzt im Hinterland des Schwarzatals an überregionalzweitrangigen Verkehrsweg lag. - Konflikte zw. Stadtherren/Res. und Stadt sind erst während des Bauernkrieges 1525 belegt, in deren Folge die Schwarzburger bis 1528 die städt. Privilegien aufhoben.

III.

Die heute nur noch als Ruine erhaltene B. gehört aufgrund ihrer Flächenausdehnung (ca. 250 × 100 m) und Wehranlagen zu den größten Burgen Thüringens. Der durch ein dreifaches Mauersystem geschützten Hauptburg im SO sind (jeweils durch Gräben und Mauern abgetrennt) nach W hin die Vorburg, der Vorhof und ein Verteidigungsplatz mit Schildmauer vorgelagert. Die Originalsubstanz der ma./frühneuzeitl. Residenzburg ist durch Verfall und neuzeitl. Umbauten erhebl. reduziert; die Baugeschichte infolge fehlender modernerbauarchäolog.-kunsthistor. Forschungen weitgehend ungeklärt. Vorburg und Hauptburg mit Kapelle (zw. 1208-34: capellanus noster de B.; 1227: Henricus, capellanus de B. ?; im 19. Jh. entstandene Stiche zeigen die Reste einer viell. zweigeschossigen Burgkapelle in got. Stilformen), Palas (teilw. spätgot. Bauformen erhalten, 1831 erneuert), Rundturm (1800 zerstört; 1925-28 vollständig erneuert) gehen in ihrer Anlage auf das 13. Jh. zurück (1265: castellani in B.; 1229 (?)/67/78/80 ist die B. Ausstellungsort gräfl.Urk.n) und wurden seit der ersten Hälfte des 14. Jh.s umfangr. ausgebaut (im Teilungsvertrag von 1346 werden zwei Häuser erwähnt, die vermutl. während der gemeinschaftl. Herrschaft Heinrichs VII. und Günthers XV. entstanden).

Quellen

RDHT. - Schmidt, Hermann: Die Herrschaft Blankenburg, in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, 15. NF 7 (1891) S. 225-234. - Urkundenbuch des Klosters Paulinzelle, 1889, 1905.

Böhm, Roland: Geschichte der Stadt Bad Blankenburg (Thüringischer Wald) bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts mit besonderer Berücksichtigung der Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsentwicklung auf Grund der urkundlichen Überlieferung, Diss. masch. Univ. Jena 1953; Teilabdruck unter dem Titel: Beiträge zur Geschichte Blankenburgs, in: Rudolstädter Heimathefte 2 (1956) S. 34-37, 180-188; 3 (1957) S. 54-57, 162f., 226ff., 265-269; 5 (1959) S. 6-9, 221-226, 295-298, 341f. - Dehio, Kunstdenkmäler, Thüringen,1998, S. 70-73. - Flach, Willy: Blankenburg, in: Deutsches Städtebuch, 2: Mitteldeutschland, 1941, S. 276f. - Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, 9, 1989. S. 28f. - Platen, Michael: Die Burgen der Schwarzburger, in: Thüringen im Mittelalter, 1995, S. 255-268, hier S. 257f. - Rein, Berthold: Burg Greifenstein, Rudolstadt 1932. - Schamberger, Max: Burg Greifenstein ob Blankenburg einst und jetzt, Neustadt/Orla 1934.